Schwarzfedern im Visier – Bauernverbände für Rabenabschuss
„Unglücksbote“ und „Hexentier“ – Rabenvögeln (Corvidea) eilt seit jeher ein dämonisierender Ruf voraus, welcher den intelligenten Vögeln in keinster Weise gerecht wird und ihre Einzigartigkeit gänzlich negiert. Für viele Landwirt:innen und Viehaltende sind die Schwarzfedern sogar zum regelrechten Feindbild geworden.
Einst bis teils zur totalen Ausrottung dezimiert, sind die bereits in der Vergangenheit jahrhundertelang als „Schädlinge“ verfolgten Tiere – insbesondere Saat- und Rabenkrähen - der Landwirtschaft noch heute ein Dorn im Auge, da diese sich in Heerscharen an sprießendem Feld- und Saatgut bedienen würden, was hohe monetäre Einbußen zur Folge hätte. Der Schaden einzelner betroffener Betriebe ließe sich auf „bis zu 25.000€“ beziffern, welcher durch den Einfall von bis zu 200 Rabenvögeln starken Schwärmen zustande käme.
Die Lernfähigkeit der Vögel mache den Einsatz von profanen „Abwehrmaßnahmen“ wie etwa Reflektoren und Vogelscheuchen sinn- und effektlos. Invasivere Vergrämungsbemühungen wie etwa der Abschuss der Tiere durch die Jägerschaft, seien mit hohen behördlichen Hürden verbunden. Die Verwendung von gebeiztem Saatgut stelle eine potenziell tödliche Gefahr für Zugvögel dar, die sich auf ihren Reisen zum Pausieren auf den Feldern niederlassen würden. Die Auswahl an Beizmitteln sei aus Tier- und Naturschutzgründen zudem begrenzt. Die durch Saat- und Rabenkrähen verursachten Schäden hätten „ein nicht mehr tolerierbares Niveau erreicht.“ – kritisiert Dr. Dominik Modrzejewski, Referent des Landesverbandes für Pflanzliche Erzeugnisse. „Der Bauernverband fordert deswegen eine Aufhebung der Schonzeit für Rabenvögel und beschleunigte Ausnahmeregelungsverfahren.“
Eine ursächliche Raben-Bestandsexplosion, könne seitens Vogelexpert:innen ausgeschlossen werden. So hätten die Populationen sich mittlerweile zwar weitestgehend erholt, ein übermäßiges, artuntypisches Aufkommen an Rabenvögeln sei allerdings nicht zu beobachten. Auch wenn dies, aufgrund des vermehrten Auftretens der Vögel in größeren Gruppen, oft den Anschein mache. Zudem reguliere sich der Bestand durch natürliche und territoriale Einflüsse weitestgehend selbst.
Vor allem der Schwund an Nahrungsquellen wie etwa Insekten, Larven und Kleinsäugern, sowie die Vernichtung der natürlichen Habitate befeure das konfliktäre Potential hinsichtlich der Landwirtschaft und der Rabenvögel. Kompensatorisch nutzen die Tiere bewirtschaftete Felder als Nahrungslieferant.
Dem durch den Menschen erschaffenen Feindbild „Rabe“ haftet auch eine blutige Komponente an: Insbesondere Kolkraben werden durch Schafzüchtende immer wieder des brutalen Lämmermordes bezichtigt. Tausende Lämmchen hätten die Vögel auf dem Gewissen. Einige Zuchtbetriebe behaupten, dass Raben mittlerweile eine größere Gefahr für ihre Bestände darstellen würden als Wölfe. „Verlässliche Zahlen“ würden zu den Schadensfällen nicht vorliegen. Rabenvögel sind Aasfresser und nehmen damit eine unverzichtbare Funktion im Ökosystem ein. Dass sich die Tiere um Kadaver tummeln, ist folglich nicht ungewöhnlich, führe aber oft zu falschen Verdächtigungen. Auch wenn es den meisten dieser Horror-Fälle an Evidenz mangelt, würden viele Viehaltende eine Präventiv-Bejagung der sozialen Vögel fordern. Naturschützende hingegen plädieren für „alternative Futterangebote oder die Stallhaltung lammender Schafe.
“Ihr schlechter Ruf verfolgt die schönen Vögel bis in die Dörfer und Städte. Vielen Menschen widerstrebt ihr lautes, unmelodisches Krächzen. Auch am Kot, den die Tiere zurücklassen, stört man sich. Durch ihre Schwarm-Präsenz fühlen sich einige Menschen sogar bedroht - Hitchcock lässt grüßen. Sind Rabenvögel in Deutschland zur Plage geworden? | National Geographic
Weil sie den wirtschaftlich induzierten Verlust ihrer natürlichen Habitate und Nahrungsquellen auszugleichen versuchen und mit ihrem dunklen Erscheinungsbild bei manchem negative Assoziationen hervorrufen, wird den wunderschönen, imposanten, hochintelligenten und geselligen Tieren systematisch nachgestellt.
Wir fordern den uneingeschränkten Schutz dieser großartigen Vögel sowie eine Verwerfung aller Abschussforderungen - nicht die Zahl der Rabenvögel ist das Problem, sondern die Dezimierung ihrer Lebensräume!